frequenzen
Bildausschnitte zur Audiovisuellen Präsentation "Frequenzen"
Audiovisuelle Präsentation „Frequenzen“ in der Gallerie Prisma (Bozen)
Musik und Malerei begegnen sich durch Reinhold Tappeiner und Dietrich Oberdörfer
Auffällig an den Bildern von Reinhold Tappeiner ist das eigenwillige Format, meist 25/100 cm, aufrecht stehend wirken sie wie Stelen, liegend ähneln sie Bändern. Dieses eigenwillige Format ist nicht einfach eine Marotte des Malers, es hat nichts Willkürliches oder Gewolltes, im Gegenteil, es ist genau die Form, die er benötigt, um seine Kompositionen auszugestalten, wenn man vor den Bildern steht, hat man den Eindruck, als seien seine Bilder in ihr Format „hineingewachsen“, wenn man ihm gegenübersteht, hat dieses Format etwas Natürliches, fast Kreatürliches. In der Tat sind diese Arbeiten wie Schöpfungsakte, es geht um die Erschaffung der Welt in Farbe.
Die Bilder sind im landläufigen Sinne nicht gegenständlich, sind ganz konzentriert auf die Farbe, aber beim Betrachten entstehen Assoziationen, man denkt an Rinde, sieht die Umrisse einer Gestalt. Manche Muster auf den Bildern wirken wie Piktogramme, Schriftzeichen einer fremden Kultur, andere erinnern an ein Röntgenbild oder das Negativ einer Fotografie. Das liegende Bild „werden“ wird Landschaft, löst sich wieder auf ins Abstrakte, wird erneut wogende Landschaft, ehe es wieder ins Abstrakte umschlägt. Dieses Hinundher zwischen reiner Farbigkeit und Gestalt ist ein herausragendes Merkmal der Bilder Tappeiners, niemals lässt sich der Gegenstand, den man sieht, fassen, sobald man es versucht, entzieht er sich, indem er sich in Fläche auflöst, in Striche, in abstrakte Farbmuster. Manchmal hat man den Eindruck, als würden aus den tieferen Schichten der Bilder, aus leuchtenden Schlitzen und Rissen weitere Bilder unter den Bildern durchscheinen. Und manchmal geraten die Farbfrequenzen unversehens in Bewegung, dann steht man vor diesen Bildern wie vor einem Farbkino.
Wie Tappeiner in der Malerei, versucht auch Oberdörfer seine Musik immer neu zu erfinden, allerdings ist er dabei üppiger als sein malender Kollege, vielleicht könnte man auch sagen: symphonisch. Dadurch reduziert sich Oberdörfers Musik oft auf einzelne, sich wiederholende Motive, so etwas wie Minimalmusic, aber darauf folgt unweigerlich eine neue Eruption von Temperament und klanglicher Farbigkeit.
Nun hat sich Oberdörfer der Bilder Reinhold Tappeiners als Inspirationsquelle für seine Musik bedient. Es ist ein Versuch, auf Farben mit Tönen, auf Bild-Muster mit Klang-Mustern zu reagieren, den Dialog zwischen Visuellem und Akustischem zu suchen. Oberdörfers Musik klingt häufig wie ein Soundtrack, aber ähnlich wie bei Tappeiner lösen sich die konkreten Bilder von Landschaften oder Gestalten auf, sobald man ihrer habhaft werden will und verschwinden im reinen Klang.
Sowohl von Tappeiner als auch von Oberdörfer könnte man vielleicht sagen, sie sind auf eine sehr weltliche Weise mystisch.
Peter Oberdörfer