David Wagner
Ich kann nicht aufstehen, ich kann nicht gehen, ich kann gar nichts.
Im Liegen schaue ich an die Decke und die Decke schaut zurück.
Manchmal starre ich zur Abwechslung die Wand an, auch die Wand
starrt zurück. Mein Bettnachbar schläft, ich höre ihn leise schnarchen.
Ich muss nur liegen. Ich muss nur liegen und ab und zu behaupten,
ich hätte meine Temperatur gemessen. Jeden Morgen erfinde ich eine
Zahl, ich bin längst viel zu faul, mir das Fieberthermometer tatsächlich
in die Achselhöhle zu klemmen. Und ich denke, eigentlich bin ich gern hier.
Das Krankenhaus befreit von vielen Dingen, die sonst so ungeheuer wichtig
sein wollen. Vielleicht bin ich schon zu lange hier.
Zwei oder drei Stunden starre ich die glasgraue Wasserflasche auf dem
Nachttisch an. Ich mag ihre Silhouette, ich mag die Banderole aus Papier.
Stolz sieht sie aus, die Flasche. Ich glaube, sie leuchtet. […]
Auszug aus dem Text von David Wagner (Buch Essenz)